„Heimat ist, wo dein Herz hängt“

Laudenbach. Der Begriff „Heimat“ war lange als „hinterwäldlerisch verpönt“ stellte Horst Eilbacher, Vorsitzender des einladenden HGV Laudenbach, in seiner Begrüßung fest, um dann beim Blick in den gut besetzten Saal festzustellen: „Wir sind als Heimat- und Geschichtsverein dazu prädestiniert, uns damit kritisch auseinanderzusetzen.“
Sein Urteil: „Heute ist das Thema wieder angesagt, aktuell.“ Dass gut 60 Zuhörer gekommen waren lag sicher nicht nur am Thema, sondern wohl auch am Referenten, den Eilbacher eingeladen hatte. Professor Axel Horn wuchs in Laudenbach auf, machte am KEG Amorbach sein Abitur bevor er 1973 mit 19 Jahren erst im Studium und dann beruflich europaweit unterwegs war, u.a. 26 Jahre als Lehrer an verschiedenen Gymnasien in Bayern und an der deutschen Schule Athen. Nach einem Lehrauftrag an der Uni Augsburg und der Habilitation lehrte er 17 Jahre als Professor für Sportpädagogik und Sportdidaktik an der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd.

Professor Axel Horn näherte sich dem Begriff "Heimat" wissenschaftlich, aber auch seher persönlich und humorvoll (Bild: Privat)
Professor Axel Horn und zwei junge Slammerinnen präsentieren "Heimat" als "veralteten modernen Begriff" (Bild: Privat)

Dass er im Lauf seines Lebens tatsächlich nie die Erinnerung an seine „alte Heimat“ vergessen hat, bewiesen die zahlreichen Erlebnisse und Begegnungen, die ihm aus seiner Kindheit und Jugend offenbar noch unverändert präsent sind und die im Publikum oft zu verständigem Nicken und fröhlichem Lachen führten. Einige Schwarz-Weiß-Fotos veranschaulichten diesen sehr persönlichen und auch humorvollen Rückblick, bevor Horn unterschiedlichste Facetten und Bedeutungsebenen von „Heimat“ Revue passieren ließ. Überschriften und Merksätze wie „Heimat ist, wo man sein Heim hat“, „Heimat ist, was dir vertraut ist“, „Heimat ist, wo jemand jeden Winkel gut kennt“ führten über „Heimat ist, wo jemand die gleiche Sprache – ja den gleichen Dialekt – spricht“ bis zum Satz: „Heimat ist, wo man die Mentalität mit seinen Mitmenschen teilt“. Erfrischend war, dass Horn durchaus kritisch mit Begriffen wie „Mentalität“ oder „Leitkultur“ umging und darauf hinwies, dass er keinen „politischen“, sondern einen „wissenschaftlichen, soziologischen“ Ansatz vertrete.

Unstrittig und zielführend ist für ihn der Merksatz „Heimat ist, wo dein Herz hängt“ – und die Zuhörer stimmten dem gerne zu. Ganz unideologisch, ganz offen und wie eine Anregung zur Diskussion klang dann der Schluss des Vortrags: „Wenn ich Laudenbach also als jemand betrachte, der vor ca. 50 Jahren von hier weggegangen ist, was sage ich dann? Ist es meine Heimat? Ein klares Jein!“ Seine Begründung: „Wohl kehre ich immer wieder gerne hierher zurück. Und dennoch habe ich anderswo Wurzeln geschlagen, neue Heimaten gefunden. Aus denen ich hoffentlich nie vertrieben werde.“

Josefine Verfuehrt aus Dammbach slammte sensibel und empathisch über ihr "Zuhause" (Bild: Privat)
In einem mitreißenden Slam performte Paulina Etzel ihre Liebeserklärung an ihre Heimat, das KEG Amorbach (Bild: Privat)

Dass das Thema längst auch junge Menschen interessiert und fasziniert, bewiesen schon vor anderthalb Jahren zehn Mädchen der Schülerakademie in ihrem Poetry-Slam-Kurs bei einem Abend in der Kochsmühle. Zwei von ihnen umrahmten den Vortrag mit ihren Slamtexten zu „Heimat“ und stießen auf großes Interesse. Die15-jährige Josefine Verfuehrt aus Dammbach begann ihren Slam „Zuhause“ mit den Versen: „Zuhause ist da, wo es Spaghetti mit Tomatensauce gibt von Mama / wo ich über den nicht vorhandenen Nachtisch jammer‘ / Wo ich immer wieder hinkommen kann / egal warum und wann.“ Und die Zuhörer freuten sich über Sätze wie „Zuhause ist, wenn niemand über Papas Witze lacht / nur einer sich vor Lachen fast in die Hose macht.“ Paulina Etzel, 16 Jahre alt aus Amorbach, zelebrierte mit ihrem Slam fast eine Liebeserklärung an ihre Schule, das KEG Amorbach, mit ganz kleinen Widerhaken: „Ein schöner Fleck in Amorbach / Der dich Gemeinschaft fühlen lässt“ performte sie frisch und lebendig, und dann endete die Elfklässerin mit einer Art Versprechen: „Die Heimat soll ich in zwei Jahren verlassen / Doch irgendwann komm‘ ich wieder zurück / Ja, ich kann es einfach nicht lassen / Ich versuche als Lehrer mein Glück.“ Das war vielleicht nicht ganz gendergerecht, bildete aber zusammen mit Josefines Slam einen schönen Abschluss einer rundum gelungenen Veranstaltung, die danach intensive Gespräche zwischen den Zuhörern anregte. Heimat „hinterwäldlerisch“? Von wegen!

Text: Heinz Linduschka