Horst Eilbacher begrüßte die knapp fünfzig Zuhörer im Feuerwehrhaus Laudenbach im Namen des HGV. Er freute sich über das Interesse an dem Thema, was er an dem großen Zuspruch festmachte. Dann übergab er das Wort an den Referenten Gerhard Lang, dem er für die Akribie und Ausdauer bei den Recherchen dankte.
Da keine Matrikel zur jüdischen Bevölkerung in Laudenbach vorlagen, hatte Lang für den Vortrag das Archiv in Laudenbach sowie die Archive in Kleinheubach und Miltenberg bis hin zum Bayerischen Staatsarchiv in Würzburger wie auch dem Badischen Staatsarchiv Wertheim im Kloster Bronnbach durchstöbert, um an die Daten für seinen Vortrag zu kommen. Seine Recherchen, speziell die Zuordnung einzelner Personen zu Familienverbänden, wurden auch dadurch erschwert, weil es bei den jüdischen Bürgern anfangs üblich war, nur einen Namen zu tragen, der als Vorname, Rufname und auch als Familiennamen genutzt wurde. Gegen Ende des 18-ten Jahrhunderts begann man mit zwei Namen zu agieren, wobei meist der Name des Vaters als zweiter Name fungierte.
Erst das Gebot der Hessisch-Darmstädtischen Landesregierung von 1811 verpflichtete die Juden einen festen Familiennamen zu tragen. Der Erlass des Bayerischen Judenedikts von 1813, der dann 1816/17 auch in Unterfranken Anwendung fand, untermauerte dies noch.
Ab 1723 kann man den Rechnungsbüchern im Fechenbach‘schen Archiv entnehmen, wie viele Erwachsene Juden sich dauerhaft in Laudenbach aufhielten. Sie zahlten anfangs 10, später 12 Gulden Schutzgeld an den Fürsten. Ohne Schutzbrief durfte sich kein Jude irgendwo niederlassen. Die, im Jahre 1724, vier urkundlich erwähnten, jüdischen Männer konnten jedoch noch keine eigenständige jüdische Gemeinde (einen sog. ‚Minjan‘) bilden und so schlossen sie sich am 2.9.1726 mit den Kleinheubacher Juden zu einer Synagogengemeinschaft zusammen. Nur wenig später, am 7.6.1730, vereinbarten sie auch noch eine Leichenplatzgemeinschaft. Da in beiden Gemeinden der Anteil jüdischer Bürger wuchs, wurde die Synagogengemeinschaft im Jahre 1787 wieder aufgelöst und jeweils eigene Synagogen betrieben. In Laudenbach war dies ein herrschaftliches Haus in dem ab 1788 eine solche Synagoge – im Volksmund ‚Judenschul‘ genannt – eingerichtet wurde. Da dies nur möglich war, wenn ein sogenannter ‚Minjan‘ bestand, müssen zu diesem Zeitpunkt mindestens 10 jüdische Männer ab 13 Jahren in Laudenbach gelebt haben. Das Haus für diese ‚Judenschul‘ wurde im Jahre 1806 gemeinsam durch die Laudenbacher Juden von dem Freiherrn von Fechenbach ersteigert.
Dieses Gebäude in der Bachgasse diente früher als Synagoge. Die ‚Judenschul‘ war im Erdgeschoß, im Keller die Mikwe (rituelles Tauchbad). Das kleine Gebäude rechts war das jüd. Schlachthaus, in dem „geschächtet“ wurde.
Im Jahre 1808 waren wohl die meisten Juden in Laudenbach ansässig. Laut einem Amtsbericht aus dieser Zeit lebten 41 Juden in der Gemeinde. Als im Jahre 1813 durch die Judenedikte deren Leibeigenschaft beendet wurde, fiel auch die Schutzgeldzahlung weg und die Juden durften eigenen Grundbesitz erwerben. So gab es einige Zeit später, im Jahre 1849, sechs Häuser mit jüdischen Besitzern. Der Anzahl der jüdischen Bürger lag nun in Laudenbach bei knapp 10%.
Mit der Aufhebung der Leibeigenschaft stieg jedoch auch das Selbstbewusstsein der früheren Schutzabhängigen und sie begannen sich gegen Botengänge und andere Fronarbeiten zu wehren. So entwickelte sich ab 1834 ein Streit zwischen dem freiherrlichen Hause von Fechenbach und den Laudenbacher Juden, der auch die Gerichte beschäftigte. Die schlechten Zeiten führten allerdings in der zweiten Hälfte des 19-ten Jahrhunderts auch zu Auswanderungen nach Amerika und nach Frankreich. So fragte der nach Frankreich ausgewanderte Abraham Lindheimer seinen Bruder Emanuel in einem Brief, ‚warum er denn dermaßen an seinem „nicht allzu väterlichen Vaterland“ festhält und diesem nicht den Rücken kehrt‘. Besagter Emanuel Lindheimer, Besitzer des Hauses ‚Judenschul‘ kaufte sich 1876 ein Haus in Miltenberg am Marktplatz. Er versuchte ab 1882 die Judenschul an einen Juden zu verkaufen und pries sein Haus mit Synagoge und Mikwe (Tauchbad) in den höchsten Tönen an – leider erfolglos. Schließlich musste er 1886 das Haus doch an christliche Nachbesitzer verkaufen. Damit war die jüdische Gemeinde in Laudenbach praktisch am Ende. Die letzten Laudenbacher Juden, allesamt ältere Menschen, verstarben so nach und nach – als Letzte im Jahre 1892 Sara Mannheimer.
Da die Matrikel mit den Namen der jüdischen Bürger in Laudenbach wohl verloren gingen, erhofft man sich zusätzliche Lebensdaten von der Entzifferung der Grabsteine auf dem jüdischen Friedhof in Kleinheubach. Im Rahmen eines Projekts mit jüdischen Studenten aus Haifa sollen im kommenden Sommer die Grabsteine entziffert und mit GPS-Daten zugeordnet werden.
Horst Eilbacher verwies am Schluss noch darauf, dass dieser Vortrag auch in die Laudenbacher Orts-Chronik Band 2, die im Herbst 2023 erscheinen soll, aufgenommen werden soll.