Der Bahnhof Laudenbach und die Dampflokzeit im Maintal

Bericht zum Vortrag ‚Der Bahnhof Laudenbach und die Dampflokzeit im Maintal‘ am 19.10.25 im Feuerwehrhaus

Der HGV-Vorsitzende David Breitenbach begrüßte die 75 Zuhörer im Saal des Feuerwehrhauses. Er freute sich, dass auch viele auswärtige Besucher Interesse am Vortrag zeigten. Danach übergab Breitenbach das Wort an den Vortragenden Matthias Koch. Dieser begrüßte noch einmal speziell Horst Schork und Gattin, von denen er erst vor kurzem noch Informationen zum ehemaligen Bahnwärterhaus erhalten hatte. Matthias Koch war seit seiner Kindheit ein glühender Fan der Dampflok-Epoche und ist heute noch aktiv für das Frankfurter Feldbahnmuseum e.V. tätig. Der HGV Laudenbach war der Einladung bei Koch’s erstem Vortrag 2023 gefolgt und hatte im Mai 2024 einen sehr schönen Ausflug ins Feldbahnmuseum unternommen.

Der Referent begann seinen Vortrag mit einem Bild des historischen ‚Adler-Zuges‘, der 1835 als erste dampfgetriebene Bahn Deutschlands zwischen Nürnberg und Fürth verkehrte. Der Bau der Maintalbahn wurde im Jahre 1862 beschlossen. Es dauerte aber noch bis zum 25. Oktober 1876 bis die erste offizielle Probefahrt von Aschaffenburg nach Miltenberg erfolgen konnte. 

Friedrich Karl von Fechenbach, ein passionierter Reiter, hatte gewettet, dass er mit seinem Pferd in kürzerer Zeit von Aschaffenburg nach Laudenbach reiten könne, als der Zug brauchen würde. Das Pferd brach unterwegs tot zusammen – die Wette war verloren. Die Wettschuld war eine hohe Baukostenbeteiligung für den Bahnhof. So bekam Laudenbach einen der schönsten Bahnhöfe an der Strecke. Aus einer Wortmeldung ging hervor, dass die Züge in den ersten 20 Jahren des Bahnbetriebs, wegen Streitigkeiten um die Vergütung der abgetretenen Ländereien, nicht in Erlenbach hielten.

Alter Bahnsteig mit Bahnhofsgebäude in Laudenbach (Quelle: HGV Laudenbach)

Laut dem ersten Fahrplan vom Winter 1876/77 brauchte der Zug damals 70 Minuten von Miltenberg nach Aschaffenburg. Es gab über den Tag verteilt nur drei Zugpaare. Im Jahre 1914 verkehrten schon 8 Zugpaare auf der Strecke der ‚Miltenberger Bahn‘. 25 Jahre später hatte der Verkehr zugenommen. Es gab inzwischen 10 Zugpaare. Die Fahrzeit hatte sich leicht auf 63 Minuten verkürzt. Eine Laudenbacher Bürgerin wurde sogar im Bahnhof geboren: Johanna Schart. Sie hatte Herrn Koch einige Anekdoten über das Leben und die Arbeit im Bahnhof erzählt. Ihr Vater Richard Rothenbücher war Eisenbahner. Er verkaufte Fahrkarten, verstaute das Frachtgut in dem Güterschuppen und bediente die Schranke am südlichen Ortausgang über eine Kurbel mit Seilzug. Laut Frau Schart war Richard Rothenbücher sehr tierlieb. Er hatte zeitweise einen Fischreiher und auch einen Raben zu Gast. Letzterer setzte sich manchmal auf das Dach der Dampflok eines Zuges aus Miltenberg und fuhr mit nach Klingenberg. Danach kam er wieder zurückgeflogen in seinen Bahnhof sozusagen ‚zum Herrchen‘. Der heute hier anwesende Horst Schork wuchs in dem Bahnwärterhäuschen in Richtung Trennfurt auf. Sein Vater, Ludwig Schork, war Oberstellwerkmeister in Aschaffenburg. Seine Mutter, Elisabeth, war Schrankenwärterin und musste von morgens 6 bis abends um 10 die Schranke bedienen. Außerdem musste sie noch den Haushalt machen und die 8 Kinder erziehen.

Während des Krieges, am Palmsonntag, 23. März 1945, wurde der von Aschaffenburg kommende Zug vor Kleinheubach von Jagdbombern angegriffen. Die Lok war durchlöchert und es gab Tote. 1959 hatte der Verkehr stark zugenommen, 15 Züge fuhren werktags zwischen Aschaffenburg und Miltenberg, teilweise auch Schienenbusse. Inzwischen gab es drei Eilzugpaare von Frankfurt nach Ulm bzw. Lauda, die brauchten nur etwa 40 Minuten zwischen Aschaffenburg und Miltenberg.  Ab 1974 gab es eine erstaunliche Zugdichte, 18 Züge fuhren zwischen Aschaffenburg und Miltenberg. Die Fahrzeit lag bei etwa 50 Minuten bis zu einer Stunde. Einige Züge waren schon Schienenbusse, mindestens zwei Züge fuhren noch mit Dampfloks.  Ende der 60er Jahre wurden die Dampfloks bei der Deutschen Bundesbahn immer weniger. Es sollte aber noch bis 1977 dauern, bis das letzte Feuer unter einem Kessel ausging. Das Maintal gehörte zu den Regionen in Deutschland, wo noch lange Dampfloks im Einsatz waren. Im Personenverkehr wurden im Maintal zuletzt vor 50 Jahren Dampfloks eingesetzt, im Güterverkehr etwas länger. Mitte 1974 wurde das gut erhaltene Bahnhofsgebäude abgerissen; das Gelände fiel dem Ausbau der B 469 zur Laudenbacher Ortsumgehung zum Opfer. Vom Bahnhof selbst sind noch genau zwei Relikte erhalten: Das Schild „Hoehen-Marke“, das an der Frontseite des Bahnhofs hing, und das Waschbecken, das früher neben den Eingang stand und heute im Hof am Rathaus an den Bahnhof Laudenbach erinnert. 

Heutzutage werden die Signale und Weichen zentral in Obernburg gestellt und die Züge von dort überwacht. Das ist die moderne Eisenbahn, alles funktioniert perfekt – sofern genug Lokführer da sind, nichts kaputt ist und nicht gestreikt wird. Wer heutzutage noch das Ambiente einer Fahrt mit einem Dampflok-Zug genießen möchte kann dies z.B. mit dem ‚Rasenden Roland‘ auf Rügen oder auf der Brocken-Bahn erleben. Matthias Koch hatte seinen sehr akribisch recherchierten Vortrag mit vielen Bildern abwechslungsreich und unterhaltsam gestaltet. Dafür war ihm der anhaltende Applaus des Publikums sicher. David Breitenbach überreichte ihm zum Schluss ein kleines Weinpräsent. Dass das Interesse an dem Thema groß war, zeigte, dass Mattias Koch noch sehr lange mit Personen, die seine Leidenschaft zu Dampflokomotiven teilen, zusammenstand und mit ihnen über ihr Lieblingsthema plauderte.