Vortrag „Der Bahnhof Laudenbach und die Dampflokzeit im Maintal“

Gerhard Lang begrüßte, stellvertretend für den HGV-Vorsitzenden, die Zuhörer im Saal des Feuerwehrhauses. Er freute sich, dass trotz des gleichzeitig stattfindenden Konzerts ‚25-Jahre Chor intakt‘ in Elsenfeld, so viele Besucher gekommen waren. Zunächst ging er auf die Vita des Referenten ein. Matthias Koch wurde in Offenbach geboren und kam mit 4 Jahren nach Laudenbach und ging hier in die Grundschule. Später war er im Internat in St. Blasien. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften arbeitete er als Redakteur beim ZDF (90 -91) und später beim MDR in Leipzig. Seit seiner Kindheit war er glühender Fan der Dampflok-Epoche und ist heute noch aktiv für das Frankfurter Feldbahnmuseum e.V. tätig. Danach übergab Lang das Wort an den Vortragenden Matthias Koch.

Herr Koch begann seinen Vortrag mit einem Bild des historischen ‚Adler-Zuges‘, der 1835 als erste dampfgetriebene Bahn Deutschlands zwischen Nürnberg und Fürth verkehrte. Der Bau der Maintalbahn wurde im Jahre 1862 beschlossen. Es dauerte aber noch bis zum 25. Oktober 1876 bis die erste offizielle Probefahrt mit hohen Persönlichkeiten aus München erfolgen konnte.

Friedrich Karl von Fechenbach, ein passionierter Reiter, hatte mit einem Bahnoberen gewettet, dass er mit seinem Pferd in kürzerer Zeit von Aschaffenburg nach Laudenbach reiten könne, als der Zug brauchen würde. Das Pferd brach unterwegs tot zusammen – und die Wette war verloren. Bei der Wette ging es um eine hohe Baukostenbeteiligung für den Bahnhof durch Fechenbach. So bekam Laudenbach einen der schönsten Bahnhöfe an der Strecke.

Laut dem ersten Fahrplan vom Winter 1876/77 brauchte der Zug damals 70 Minuten von Miltenberg nach Aschaffenburg. Es gab über den Tag verteilt nur drei Zugpaare. Im Jahre 1914 verkehrten schon 8 Zugpaare auf der Strecke der ‚Miltenberger Bahn‘. 25 Jahre später hatte der Verkehr zugenommen. Es gab inzwischen 10 Zugpaare. Die Fahrzeit hatte sich leicht auf 63 Minuten verkürzt.

Eine Laudenbacher Bürgerin wurde sogar im Bahnhof geboren: Johanna Schart. Sie hatte Herrn Koch einige Anekdoten über das Leben und die Arbeit im Bahnhof erzählt. Ihr Vater Richard Rothenbücher war Eisenbahner. Er verkaufte Fahrkarten, verstaute das Frachtgut in dem Güterschuppen und bediente die Schranke am südlichen Ortausgang über eine Kurbel mit Seilzug. Laut Frau Schart war Richard Rothenbücher sehr tierlieb. Er hatte zeitweise einen Fischreiher und auch einen Raben zu Gast. Letzterer setzte der sich manchmal auf das Dach der Dampflok eines Zuges aus Miltenberg und fuhr mit nach Klingenberg. Danach kam er wieder zurückgeflogen in seinen Bahnhof sozusagen ‚zum Herrchen‘.

 

Während des Krieges, am Palmsonntag, 23. März 1945, wurde der von Aschaffenburg kommende Zug vor Kleinheubach von Jagdbombern angegriffen. Die Lok war durchlöchert und es gab Tote. 1959 hatte der Verkehr stark zugenommen, 15 Züge fuhren werktags zwischen Aschaffenburg und Miltenberg, teilweise auch Schienenbusse. Inzwischen gab es drei Eilzugpaare von Frankfurt nach Ulm bzw. Lauda, die brauchten nur etwa 40 Minuten zwischen Aschaffenburg und Miltenberg. Ab 1974 gab es eine erstaunliche Zugdichte, 18 Züge fuhren zwischen Aschaffenburg und Miltenberg. Die Fahrzeit lag bei etwa 50 Minuten bis zu einer Stunde. Einige Züge waren schon Schienenbusse, mindestes zwei Züge fuhren noch mit Dampfloks. Ende der 60er Jahre wurden die Dampfloks bei der Deutschen Bundesbahn immer weniger. Es sollte aber noch bis 1977 dauern, bis das letzte Feuer unter einem Kessel ausging. Das Maintal gehörte zu den Regionen in Deutschland, wo noch lange Dampfloks im Einsatz waren.

Mitte 1974 musste das Gelände wegen der Umgehungsstraße geräumt werden und das gut erhaltene Bahnhofsgebäude wurde abgerissen. Vom Bahnhof selbst sind noch genau zwei Relikte erhalten: Das Schild „Hoehen-Marke“, das an der Frontseite des Bahnhofs hing, und das Waschbecken, das früher neben den Eingang stand und heute im Hof am Rathaus an den Bahnhof Laudenbach erinnert. Heutzutage werden die Signale und Weichen zentral digital in Aschaffenburg gestellt und die Züge von dort überwacht. Das ist die moderne Eisenbahn, alles funktioniert perfekt – sofern genug Lokführer da sind, nichts kaputt ist und nicht gestreikt wird.

Wer heutzutage noch das Ambiente einer Fahrt mit einem Dampflok-Zug genießen möchte kann dies z.B. mit dem ‚Rasenden Roland‘ auf Rügen oder auf der Brocken-Bahn erleben. Matthias Koch hatte seinen sehr akribisch recherchierten Vortrag mit vielen Bildern abwechslungsreich und unterhaltsam gestaltet. Dafür war ihm der Applaus des Publikums sicher. Gerhard Lang überreichte ihm zum Dank die Chroniken 1 und 2 von Laudenbach. Abschließend kündigte er noch an, dass der HGV Laudenbach Anfang Mai 2024 einen Ausflug ins Frankfurter Feldbahnmuseum plane, bei dem auch Mattias Koch Führungen übernehmen werde.